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Sonntag, 8. Juni 2014

Es ist Nacht im Kiez

Spätschichten sind eigentlich kein allzu großes Vergnügen. Praktisch ist der ganze Tag perdue. 

Jedoch - ich gebe zu, es bereitet mir großes Vergnügen, nach diesen Schichten zwangsweise zur Nachtzeit nach Hause zu gehen. Na klar, schon wegen der nachvollziehbaren Freude, die Arbeit beendet zu haben und wieder bei der Familie zu sein. Das ist aber nicht alles - denn diese Freude habe ich nach einer Tagschicht viel erlebbarer, weil ich meine Familie dann auch sehen, sprechen und berühren kann. 
Nein, das Besondere ist die Atmosphäre der Nacht in meinem Kiez. Bekanntes wirkt völlig anders, obwohl es vertraut ist. In Fotos lässt es sich eigentlich gar nicht so recht wiedergeben. Weil den Bildern der gefühlte, gehörte und gerochener Anteil fehlt. Und vor allem der Kopfteil.  Wie wir wissen, ist gerade das Kopfkino wichtig. 
Der Effekt des Besonderen eines nächtlichen Heimwegs nach der Arbeit wirkt vor allem in einer Nacht zu Sonnabend oder Sonntag. In diesen Nächten entsteht nach anstrengendem Arbeitstag plus der metropolen Eindringlichkeit von U1 und Warschauer Straße* als Verstärker, ein fast euphorisch zu nennendes Gefühl. Die Diskrepanz zwischen Arbeit und dieser Metropolenstimmung auf der einen und der ländlichen Stille der Stadt auf der anderen Seite, lässt sich rein visuell durch mich nicht darstellen. Vielleicht vermögen das echte Fotokünstler. Das sind nämlich Unterschiede größer als die von Tag und Nacht oder Feuer und Wasser. Ich probiere dennoch das in Fotos zu reflektieren und hoffe meine erklärenden Worte initiieren das Kopfkino.

Jetzt in den warmen Sommernächten kommt dazu noch eine mediterrane Stimmung und ich wünsche mir eine kleine Gaststätte läge am Weg durch den Kiez, in welcher ich einfach ein Bier oder ein Glas Wein trinke um die Atmosphäre voll auszukosten.

Der Stimmung entsprechend schreibe ich den Beitrag in der Nacht und werde ihn auch in einer Nacht veröffentlichen.




* für Nicht-Berliner oder Berliner, welche das nicht kennen. Die U-Bahn Linie U1 ist in solchen Nächten Partyzubringer und so voll, wie Bahnen sonst nur im Berufsverkehr sind. 95 Prozent der Fahrgäste befinden sich in ausgelassener Stimmung und sind euphorisiert. Und auf den 200 n Fußweg zwischen U- und S-Bahnhof Warschauer Straße, ist volles Leben und Feiern. Die ganze Zeit fühlt man sich (als jemand der von der Arbeit kommt) wie im falschen Film. Etwa mit dem Gefühl zu vergleichen, nach 4 Stunden nüchtern zu einer Sylvester-feier hinzu zu kommen. Und man ist im falschen Film. Denn die ausgelassen Feiernden machen es richtig. Nicht etwa die zu jeder Zeit arbeitenden Stinos.









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